Drastische Erhöhung von Kanalgebühren
Date of article: 07/01/2017
Daily News of: 09/01/2017
Country: Austria
Author: Austrian Ombudsman Board
Article language: de
Der Betreiber einer Autowaschanlage in einer Gemeinde in der Steiermark fühlt sich durch die mit 1. Jänner 2015 erfolgte Zusammenlegung mit zwei anderen Gemeinden stark benachteiligt. Die jährliche Kanalbenützungsgebühr habe sich um rund 170 % erhöht, obwohl er das Abwasser zu einem großen Teil aufbereite und daher gar nicht in den Kanal einleite. Der Gemeinderat habe eine neue Kanalabgabenordnung beschlossen, die nicht auf die Verhältnisse in der bisher selbständigen Gemeinde zugeschnitten sei.
Die Gemeinden werden in der Gemeindeordnung ermächtigt, für die Benützung ihrer öffentlichen Einrichtungen und Anlagen auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses Gebühren (Bereitstellungsgebühr und Benützungsgebühr) einzuheben, die grundsätzlich kostendeckend festzusetzen sind. Bei der Höhe der Benützungsgebühr spielt die tatsächliche Inanspruchnahme eine Rolle.
Eine neue Gemeinde hat allerdings bei der Neufestsetzung von Benützungsgebühren die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeindemitglieder zu berücksichtigen. Sie muss darauf achten, dass es zu keiner außergewöhnlichen Erhöhung gegenüber der bisher von der ursprünglichen Gemeinde vorgeschriebenen Geldleistung kommt. Außergewöhnlichen ist die Erhöhung dann, wenn die Gebühr um mehr als 20 % von der bisherigen Vorschreibung abweicht.
Der (damals noch im Amt befindliche) Bürgermeister rechtfertigte die Vorgangsweise damit, dass die drei zusammengelegten Gemeinden unterschiedlich ausgelastete Abwassersysteme hätten. Die neue Gemeinde habe darauf Bedacht nehmen müssen, dass sie kostendeckend arbeite. Die bisherige „Begünstigung“ des Betroffenen habe nicht aufrechterhalten werden können. Das Berücksichtigungsgebot in der Gemeindeordnung sei eine gesetzliche „Kann-Bestimmung“ und daher nicht zwingend zu beachten.
Volksanwalt Dr. Fichtenbauer widersprach der Meinung des Bürgermeisters entschieden. Einerseits habe der Betreiber der Waschanlage keine „Begünstigung“ gehabt, sondern habe seine bis 1. Jänner 2015 eigenständige Gemeinde ein offenbar sehr gut organisiertes Abwassersystem betrieben. Andererseits sei die Formulierung im Gesetz eindeutig, weshalb die Nichterhöhung um mehr als 20 % zwingend zu berücksichtigen sei. „Demnächst wird die Landesregierung vor Ort die Situation begutachten, ich hoffe auf ein positives Ergebnis für den Betroffenen“, so der Volksanwalt.