Verwendung von "Time-Out-Räumen"
Date of article: 24/03/2015
Daily News of: 24/03/2015
Country: Austria
Author: Austrian Ombudsman Board
Article language: de
Eine Kommission der Volksanwaltschaft ist in einer Einrichtung auf eine Vielzahl von Freiheitsbeschränkungen gestoßen, die auch durch Gerichte bereits als unzulässig qualifiziert wurden, Dies betraf unter anderem auch die häufige Verwendung zweier "Time-Out-Räume". In der Fachliteratur ist die Verwendung solcher zwangsweiser Verbringungen in Isolierräumen als therapeutische Maßnahme in (heil-)pädagogischen Settings sehr umstritten. Nur unter engen Rahmenbedingungen werden diese als zielführend angesehen und dürfen - wenn überhaupt – nur sehr kurz – eingesetzt werden. Als Reaktion auf die Kritik hat die Einrichtung eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um die nach dem Heimaufenthaltsgesetz (HeimAufG) ergangenen Gerichtsentscheidungen umzusetzen. Einer der beiden Time-out-Räume wurde gänzlich aufgelassen, hinsichtlich des anderen ist es gelungen, die zwangsweisen Verbringungen innerhalb eines Jahres um 75% zu minimieren.
Manuelle, räumliche und medikamentöse Fixierungen als Reaktion auf selbst- oder fremdgefährliches Verhalten schränken die persönliche Freiheit davon betroffener Menschen ein und sind ohne Rechtfertigung strafbar. Auch die zwangsweise Verbringung in eine Time-Out-Raum stellt eine Freiheitsbeschränkung dar. Menschen mit Behinderung erleiden infolge von Hirnschädigungen, besonderer Verletzlichkeit und ungünstig verlaufenden Sozialisationsprozessen häufiger psychische Auffälligkeiten oder psychiatrische Erkrankungen. Aus diesem Grund benötigen sie spezielle und individuelle Therapieangebote und ein Umfeld, das für sie überschaubar und verständlich ist. Darüber hinaus fordert die Arbeit mit Menschen mit auto- und fremdaggressivem Verhalten ein hohes Maß an Fachkompetenz und Einfühlungsvermögen für "richtiges Handeln" in schwierigen Situationen. Prävention und Deeskalation gerade im Zusammenhang mit herausforderndem Verhalten sind deshalb tragende Säulen der Arbeit in der Behindertenhilfe, die zur Erhöhung der Sicherheit und Optimierung der Beziehungsqualität beitragen können.
Die Verwendung von Time-Out-Räumen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung
- darf nicht Folge mangelnder individualisierter Betreuung, medizinischer oder psychiatrischer Unterversorgung bzw. unpassender Settings sein;
- setzt einen Kriseninterventionsplan und Deeskaltationstrainings des Personals voraus;
- dient ausschließlich dem Schutz Betroffener/anderer Personen bei akut fremd-aggressivem Verhaltens und ist kein Mittel der Disziplinierung/Sanktionierung;
- sollen unter ständiger Beobachtung und der Möglichkeit beruhigender Gespräche so kurz als möglich erfolgen;
- muss in angstfreier, reizarmer und verletzungssicherer Form erfolgen;
- muss dokumentiert und der Bewohnervertretung als freiheitsbeschränkende Maßnahme gemeldet werden;
- muss von Interaktionsbeobachtungen und –analysen begleitet sein, welche die Wechselwirkungen zwischen dem Verhalten Betroffener und Aktionen/Reaktionen des Betreuungspersonals oder Mitbewohnerinnen und -bewohner aufzeigen können