Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Generalstaatsanwaltschaft Hamburg
Date of article: 17/12/2020
Daily News of: 17/12/2020
Country: EUROPE
Author: Court of Justice of the European Union
Article language: de
Link: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2020-12/cp200169de.pdf
Gerichtshof der Europäischen Union
PRESSEMITTEILUNG Nr. 169/20
Luxemburg, den 17. Dezember 2020
Urteil in der Rechtssache C-416/20 PPU Generalstaatsanwaltschaft Hamburg
Die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, der zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellt wurde, kann in einem Fall, in dem die betroffene Person ihre persönliche Ladung verhindert hat und aufgrund ihrer Flucht in den Vollstreckungsmitgliedstaat nicht persönlich zu der Verhandlung erschienen ist, nicht allein deshalb verweigert werden, weil der Ausstellungsmitgliedstaat nicht zugesichert hat, dass das Recht dieser Person auf eine neue Verhandlung gewahrt wird
Dies ändert nichts daran, dass der Ausstellungsmitgliedstaat die Bestimmungen des Unionsrechts einhalten muss, die das Recht auf eine neue Verhandlung garantieren
TR, ein rumänischer Staatsangehöriger, wurde in Rumänien im Rahmen von zwei gesonderten Verfahren strafrechtlich verfolgt. Da er nach Deutschland geflüchtet war, fanden die ihn betreffenden Verfahren sowohl im ersten Rechtszug als auch in der Berufung in seiner Abwesenheit statt. Er hatte jedoch Kenntnis von mindestens einem dieser Verfahren und wurde dort im ersten Rechtszug von Anwälten seiner Wahl und in der Berufung von Pflichtverteidigern vertreten. Die Verhandlungen führten zu Verurteilungen zu zwei Freiheitsstrafen. Zu ihrer Vollstreckung erließen die rumänischen Behörden Europäische Haftbefehle (im Folgenden: EHB). Seit dem 31. März 2020 befindet sich TR in Hamburg (Deutschland) in Haft.