Pflege in Würde und klimaverträgliches Bauen

Date of article: 19/02/2021

Daily News of: 19/02/2021

Country:  Germany

Author: Federal Committee on Petitions of Germany

Article language: de

Die bis dato erfolgreichste Online-Petition in der Geschichte des Petitionsausschusses des Bundestages fordert eine Gesundheitsreform „für eine bessere Pflege zum Schutz der Pflegebedürftigen“ mit 206.667 Online-Mitzeichnungen. Mit ihren Unterschriften auf entsprechenden Listen haben zudem mehr als 60.000 Menschen die Petition des Journalisten Bernhard Albrecht „analog“ unterstützt. Dank des mehr als deutlich überschrittenen Quorums (50.000 Unterstützer innerhalb von vier Wochen) wird die Petition (ID: 117906) am Montag, 1. März 2021, durch den Petitionsausschuss unter Leitung von Marian Wendt (CDU/CSU) ab etwa 14 Uhr in öffentlicher Sitzung beraten. Zu Beginn der Veranstaltung um 13 Uhr im Europasaal 4.900 des Paul-Löbe Hauses in Berlin steht jedoch die Forderung nach einem umfassenden Maßnahmenpaket für ein klima- und sozialverträgliches Bauen im Blickpunkt. Die Eingabe des Petenten Michael Wicke verzeichnete 57.476 Online-Mitzeichnungen. Die Sitzung wird live im Internet auf www.bundestag.de übertragen. Nachhaltiges Bauen und Betreiben von Gebäuden Mit der Petition fordert Wicke, Mitglied der Initiative Architects for Future, einen klima- und sozialverträglichen Bausektor. Durch ein umfassendes Maßnahmenpaket solle vollständig auf nachhaltiges Bauen und Betreiben von Gebäuden umgestellt werden, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen und die Lebensqualität der gesamten Umwelt zukunftssicher zu gestalten. Als vordringlich benennt der Petent elementare Änderungen bezüglich Baustoffen, Kreislauffähigkeit, Ökobilanzierung, Bestandsschutz, Biodiversität, Bildung und Lehre sowie der Bedarfsplanung. Der ökologische Fußabdruck von Gebäuden sei höher als vielfach angenommen, heißt es in der Petition. „Bau und Betrieb von Gebäuden verursachen in Deutschland etwa 40 Prozent des CO2-Ausstoßes und 52 Prozent unseres Müllaufkommens“, schreibt der Architekt. Zudem würden dadurch 90 Prozent der mineralischen, nicht nachwachsenden Rohstoffe in der Baustoffproduktion verbraucht. Um dies zu ändern, müsse Deutschland eine umfassende Bauwende einleiten. „Effektive Veränderungen werden vor allem mit Gesetzen erreicht“, heißt es in der Vorlage. Das „Verantwortlichmachen des Einzelnen“ und punktuelle Förderung genügen aus Sicht Wickes nicht. „Die aktuellen baupolitischen Rahmenbedingungen sind unzureichend und so nicht konform mit den Zielen der Pariser Klimakonferenz“, schreibt er. Preis von Baumaterialien muss Umweltfolgekosten umfassen Gefordert wird daher unter anderem, dass der Marktpreis von Baumaterialien alle Umweltfolgekosten umfasst. Auch müssten Bauprodukte kreislaufgerecht rückgebaut und verbaut werden, „um sie nach Dekonstruktion wieder verwenden zu können“. Ressourcenaufwand und CO2-Ausstoß eines Gebäudes müssten über den ganzen Lebenszyklus transparent dargestellt werden. Ziel der Petition ist es auch, die Flächenversiegelung zu minimieren. Sie soll nur noch genehmigt werden, „wenn sie am Gebäude oder in direkter Umgebung ökologisch ausgeglichen wird“. Rekord-Petition: Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte fordert Bernhard Albrecht in seiner Eingabe. Dazu gehörten verlässliche Arbeitszeiten, die Entlastung von Bürokratie sowie Personalschlüssel „nach echtem Bedarf“. Der Petent spricht sich auch für die Aufwertung des Berufsbildes der Pflege aus. Beiträge dazu seien höhere Gehälter, Zulagen und Entlohnung von Weiterqualifizierung, mehr Entscheidungsmöglichkeiten an den Patienten sowie bessere Karrierechancen. Benötigt werde zudem die konsequente Abkehr von Profitdenken und ökonomischen Fehlanreizen durch eine Gesundheitsreform. „Wir alle brauchen Pflege in Würde“, schreibt Albrecht in der Begründung zu seiner Petition. Das gelte im Krankenhaus nach einem Herzinfarkt oder Unfall – ebenso wie im Heim oder zu Hause, „wenn unsere Liebsten oder wir selbst hinfällig werden“. Benötigt würden dazu gut ausgebildete Pflegekräfte, die Zeit haben zuzuhören, zu beobachten und Fragen zu stellen. „Bessere Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe finanzierbar“ Derzeit gelte aber: Je billiger die Pflege, desto höher der Gewinn, kritisiert der Petent. In den Krankenhäusern müssten Pflegende immer mehr Patientinnen und Patienten in immer kürzerer Zeit „durchschleusen“. Schuld seien der hohe ökonomische Druck und das Abrechnungssystem nach „Fallpauschalen“. Mehr „Fälle“ bedeuteten mehr Geld. „Hauptsache, die Stationen sind voll – egal, ob gute Pflege möglich ist“, heißt es in der Petition. Bessere Pflege ist nach Auffassung Albrechts als gesamtgesellschaftliche Aufgabe finanzierbar. Fachkundig gepflegte Patienten und Heimbewohner erlitten weniger Komplikationen, würden schneller gesund und kosteten daher weniger Geld. „Milliarden Euro für unnötige Übertherapien könnten gespart werden“, schreibt der Petent. Pflegekräfte hätten dann weniger „Fälle“ zu betreuen und würden sofort entlastet. Gewinne dürfen nicht an Dritte, zum Beispiel Aktionäre, abfließen. Sie gehörten ins solidarisch finanzierte Gesundheitssystem reinvestiert, wird verlangt. „Wir brauchen jetzt eine grundlegende Reform unseres Gesundheitssystems. Nur so werden Pflegeberufe wieder attraktiv. Nur dann werden sich junge Menschen dafür interessieren - und auch die, die aus dem Beruf geflohen sind, zurückkehren“, heißt es in der Petition. Abschließendes Votum in späterer Sitzung Im Verlauf der öffentlichen Sitzung erhalten die Petenten die Möglichkeit, ihr Anliegen nochmals kurz darzustellen, um dann konkrete Fragen der Ausschussmitglieder zu beantworten. An der Sitzung nehmen auch Mitglieder der Bundesregierung teil, die von den Abgeordneten zu den Themen befragt werden können. Ein abschließendes Votum wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen fällen. (hau/19.02.2021)
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