Achitz: Mindestsicherung in existenzsichernder Höhe notwendig

Date of article: 20/02/2024

Daily News of: 21/02/2024

Country:  Austria

Author: Austrian Ombudsman Board

Article language: de

"Die Bundesregierung hat sich „zum Ziel gesetzt, durch verschiedene Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode den Anteil von armutsgefährdeten Menschen im ersten Schritt zu halbieren“, heißt es im Regierungsprogramm 2020 – 2024. „Aus der in manchen Bundesländern sinkenden Zahl der Sozialhilfe-Bezieherinnen und -Bezieher darf man aber nicht schließen, dass der Regierung ihr Vorhaben bereits gelungen wäre“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz: „Es gibt Hinweise, dass Menschen, die eigentlich Anspruch auf Sozialhilfe hätten, durch extensive Auslegung der Mitwirkungspflicht vergrault werden. Nicht nur Amnesty International, sondern auch der Volksanwaltschaft kommen immer wieder Fälle unter, wo Erwachsene ihre Eltern klagen sollen, oder Pensionistinnen bzw. Pensionisten ihre Kinder.“ Auch bei den letzten beiden NGO-Foren der Volksanwaltschaft berichteten einige Organisationen über das restriktive Sozialhilfe-Regime der Bundesländer.

„Seit es das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz des Bundes gibt, haben die Länder kaum mehr Spielraum, in ihren Ausführungsgesetzen einer Verfestigung von Armut entgegenzuwirken“, kritisiert Achitz. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz hat sowohl den Zugang als auch die Höhe der Sozialhilfe begrenzt. „Eine Mindestsicherung in existenzsichernder Höhe wird wegen der aktuellen Teuerung dringend gebraucht, ebenso höheres Arbeitslosengeld“, so Achitz: „Um Eingriffe in bewährte Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu erschweren, müssen Soziale Grundrechte in der Verfassung verankert werden.“ Einen umfassenden österreichischen Grundrechtskatalog schnellstmöglich in Angriff zu nehmen, ist ebenfalls im Regierungsprogramm vorgesehen.

Zu drastischen Kürzungen kam es bei Menschen mit Behinderungen, die bei ihren Eltern leben. Volksanwalt Achitz: „Menschenrechtlichen Prinzipien wie Inklusion, Partizipation, Autonomie und nicht zuletzt das Recht auf den Zugang zum Recht auch für Armutsbetroffene müssten im Sozialhilferegime stärker verankert werden.“

SERVICE: Die Volksanwaltschaft ist unter post@volksanwaltschaft.gv.at sowie unter der kostenlosen Servicenummer 0800 223 223 erreichbar.

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Schikanen beim Kinderbetreuungsgeld gehen weiter

Date of article: 13/02/2024

Daily News of: 13/02/2024

Country:  Austria

Author: Austrian Ombudsman Board

Article language: de

Vor genau vier Jahren hat die Volksanwaltschaft in einer „kollegialen Missstandsfeststellung“ das Familienministerium heftig kritisiert, weil es Jungfamilien jahrelang auf das Kinderbetreuungsgeld warten lässt. Die juristischen Argumente prallten an der Ministerialbürokratie ab, auch mehrere Höchstgerichtsurteile, die die Rechtsansicht der Volksanwaltschaft bestätigen, haben zu keiner Änderung geführt. Eine Mutter musste acht Jahre auf das Kinderbetreuungsgeld warten. „Aber Ministerin Susanne Raab hat offenbar ihre rechtswidrigen Anweisungen an die Behörden noch immer nicht geändert“, kritisiert Volksanwalt Bernhard Achitz. 

Immer noch regelmäßig Beschwerden bei der Volksanwaltschaft

„Was muss nach den OGH-Urteilen noch passieren, bis Raab endlich einlenkt und die Schikanen gegen Eltern einstellt?“, fragt Achitz: „Auch nach dem Höchstgerichtsurteil melden sich bei der Volksanwaltschaft verzweifelte Eltern, die jahrelang auf das Kinderbetreuungsgeld warten, weil das Familienministerium sie diverse in- und ausländische Behörden abklappern lässt, um irgendwelche Dokumente zu beschaffen, die es gar nicht gibt. Raab muss diese europarechtswidrige Praxis endlich abschaffen, bürgerinnenfreundlich vorgehen und das Kinderbetreuungsgeld rasch überweisen.“

Europarechtswidrig: Behörde wälzt Verpflichtungen auf Eltern ab

„Seit Jahren kritisieren die Volksanwaltschaft und auch die Arbeiterkammer die familienfeindliche und EU-rechtswidrige Vorgehensweise der Behörden, die auf Weisung der Frauenministerin Eltern massive Hürden in den Weg stellen. Die Pflicht der Behörden, mit Behörden anderer Länder herauszufinden, wer zuständig ist, wird auf die Eltern abgewälzt. Bürgerinnenfreundlich und nach EU-Recht geboten wäre, wenn die österreichischen Behörden das Kinderbetreuungsgeld an die in Österreich lebenden Familien vorläufig auszahlen und im Hintergrund regeln, wer zuständig ist. Trotz Höchstgerichtsurteil melden sich weiterhin Betroffene bei der Volksanwaltschaft, insgesamt bereits mehr als hundert. Eine Reform ist überfällig – sowohl bei der Vollziehung als auch auf gesetzlicher Ebene“, so Achitz.

Mehr zum OGH-Urteil

Härtefall-Klausel: Parlament hat auf Kritik der Volksanwaltschaft reagiert

„Auf einen anderen Kritikpunkt der Volksanwaltschaft hat das Parlament mit einer Gesetzesänderung reagiert: Eine Härtefall-Regel beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld wurde im Oktober beschlossen“, so Volksanwalt Achitz. Anlass für die Kritik der Volksanwaltschaft war eine alleinerziehende Mutter, die nach dem plötzlichen Tod des Vaters kein Kinderbetreuungsgeld erhalten hatte. Denn die Härtefallverlängerung im KBGG sah zwar vor, dass ein Elternteil das Kinderbetreuungsgeld der Partnerin bzw. des Partners für maximal drei Monate weiter beziehen kann, wenn diese bzw. dieser verstirbt. Das galt bisher aber nicht für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld. Um nun alle Eltern in jenen Härtefällen, in denen ein Elternteil aus bestimmten, schwerwiegenden Gründen durch den Wegfall des gemeinsamen Haushalts mit dem Kind am Bezug des Kinderbetreuungsgeldes verhindert ist, zu unterstützen, unabhängig vom gewählten Kinderbetreuungsgeld-System, soll nun auch beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld der Bezug verlängert werden – allerdings nur für maximal zwei Monate.

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Kein Krankenstand in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

Date of article: 03/02/2024

Daily News of: 07/02/2024

Country:  Austria

Author: Austrian Ombudsman Board

Article language: de

Menschen mit Behinderungen bekommen in den „Werkstätten“, in denen sie arbeiten, nur Taschengeld statt Lohn. Das kritisiert die Volksanwaltschaft schon lange. Nun ist ein neuer Aspekt des Problems aufgetaucht: Weil die Beschäftigung von Christian S. nicht als Arbeitsverhältnis gilt, kann er auch nicht in Krankenstand gehen. Die Zeit, die er krank war und in der Werkstatt gefehlt hat, wurde ihm von den 50 jährlich erlaubten Fehltagen pro Jahr abgezogen. Nun hat er keine Tage mehr übrig, um auf Urlaub zu gehen oder Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Denn für jeden zusätzlichen Fehltag müsste er 60 Euro zahlen – unleistbar! „Das ist ein klarer Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, denn auch Menschen mit Behinderungen haben ein Selbstbestimmungsrecht über ihren Aufenthaltsort sowie ein Recht auf Familienleben“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz.

In der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ am 3. Februar sah auch ein Vertreter von Jugend am Werk, der Trägerin der Einrichtung, wo S. arbeitet, Änderungsbedarf. Und auch im Fonds Soziales Wien, der die Regelung mit den Fehltagen vorschreibt, sagte man zu, über Änderungen nachdenken zu wollen. Man müsse aber sorgsam mit öffentlichen Mitteln umgehen, sie müssten effizient eingesetzt werden.

„Lohn statt Taschengeld“: Bericht des Sozialministeriums ist da, jetzt Umsetzung angehen!

Achitz verwies auf den Sonderbericht „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“, in dem die Volksanwaltschaft vor mehr als vier Jahren Lohn statt Taschengeld sowie sozialversicherte Arbeitsverhältnisse für Menschen in „Werkstätten“ gefordert hat: „Die Umsetzung würde wohl auch bedeuten, dass Herr S. wie andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Krankenstand gehen könnte, ohne dass dadurch sein Urlaubsanspruch verfällt.“ Die Bundesländer sind ebenso gefordert wie der Bund. Das Sozialministerium hat einen Bericht angekündigt, der nun mit großer Verspätung endlich vorliegt. Achitz: „Jetzt müssen alle Beteiligten rasch in die Gänge kommen, damit ‚Lohn statt Taschengeld‘ noch in dieser Gesetzgebungsperiode Wirklichkeit wird. Und die dauert planmäßig nur mehr bis September.“

Niederösterreich ignoriert Recht auf Selbstbestimmung, das durch UN-BRK garantiert wird

Auch in Niederösterreich haben Menschen mit Behinderungen Probleme mit limitierten Fehltagen. Gerhard A. etwa lebt in einer Einrichtung, aber die Wochenenden will er bei seinen Eltern verbringen. Seine Mutter holt ihn jedes Wochenende nachhause. Er darf aber auf maximal 82 Fehltage im Jahr kommen – wenn er also jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag oder gar Montag nicht in der Einrichtung übernachtet, geht sich das nicht aus. Und für Urlaub bleiben sowieso keine Tage mehr übrig. Seine Mutter holt ihn daher samstags in der Früh mit dem Auto ab und bringt ihn am Abend zurück. Am Sonntag wiederholt sich die Tour.

„Österreich hat die UN-BRK unterzeichnet, Niederösterreich muss die freie Wahl des Aufenthaltsorts ermöglichen“, forderte Volksanwalt Achitz schon vor einem Jahr in „Bürgeranwalt“ von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, doch das Land Niederösterreich bewegte sich keinen Millimeter. Das Argument, dass die Einrichtung, in der A. lebt, öffentlich finanziert sei und daher auch am Wochenende voll belegt sein müsse, lässt Achitz nicht gelten: „Für Menschen mit Behinderungen gilt das Recht auf Selbstbestimmung des Aufenthaltsorts genauso wie für alle anderen Menschen. Auch wer in einer öffentlich finanzierten Gemeindewohnung lebt, darf diese schließlich am Wochenende verlassen, um Urlaub zu machen oder Zeit mit der Familie zu verbringen.

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Wasserrechtliche Bewilligung für mobile Schweinehaltung

Date of article: 27/01/2024

Daily News of: 01/02/2024

Country:  Austria

Author: Austrian Ombudsman Board

Article language: de

Der Landwirt Herr H. aus dem Bezirk Sankt Pölten betreibt eine mobile Schweinezucht, bei der die Tiere am Acker gehalten werden und als Unterstand nur Zelte haben; für Österreich ein innovatives Projekt. Auf den Antrag einer wasserrechtlichen Bewilligung reagierte die Bezirkshauptmannschaft nicht, darum startete der Landwirt einen Probebetrieb.

Schließlich erteilte die Bezirkshauptmannschaft nach Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen keine wasserrechtliche Bewilligung, da die Exkremente der Schweine problematisch seien. Es könnten zu viele Nitrate in das Grundwasser gelangen. Dem Landwirt zufolge wurden aber noch nie Bodenproben genommen. Die Kontaktaufnahme zur Behörde sei außerdem auch kaum möglich gewesen. Einem von Herrn H. beauftragten Privatgutachten zufolge sei eine Belastung des Grundwassers ausgeschlossen. In Oberösterreich gebe es bereits vier Landwirtschaften, die ebenfalls eine mobile Schweinehaltung im Konsens mit den Behörden betrieben.

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz ortete in dem Fall einen mangelnden Willen der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten. Eine wissenschaftliche Begleitung des Betriebs durch die Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien sei sogar geplant. Eine Belastung stellten die Exkremente wahrscheinlich bei einer längeren Lagerung auf dem Acker dar, bei der mobilen Schweinehaltung würden diese jedoch weggebracht und auf anderen Ackerstücken als Dünger verwendet.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten schrieb in einer Stellungnahme, dass ein von Herrn H. zuletzt im November 2023 gestellter Antrag geprüft werde und eine wasserrechtliche Bewilligung – sofern das Projekt den gesetzlichen Anforderungen entspreche – erteilt werden könnte.

Über die Stellungnahme zeigte sich Volksanwalt Rosenkranz erfreut, das Ergebnis bleibt aber abzuwarten. Die von Herrn H. betriebene Schweinehaltung sei dem Tierwohl jedenfalls zuträglicher als die Vollspaltböden, deren gesetzliche Frist zur Abschaffung der Verfassungsgerichtshof kürzlich in einem Erkenntnis als zu lange bezeichnet habe.

 

Nachgefragt:Medizinstudienberechtigungsprüfung

Ein junger Vorarlberger wollte Medizin studieren. Da er keine Matura hatte, sondern die Studienberechtigungsprüfung, stellte sich heraus, dass er damit gegenüber Studienwerberinnen und Studienwerbern mit Matura grob benachteiligt war: 75 Prozent der Studienplätze sind an den Universitäten für österreichische Studienwerbende mit Matura reserviert. Von den 900 Studienplätzen bekommt somit jeder bzw. jede Dritte den begehrten Studienplatz. Diese Quote umfasst jedoch keine Personen mit Studienberechtigungsprüfung. Sie fallen in den „EU-Bewerber-Topf“, bei dem nur jeder Zwanzigste einen Studienplatz erhält. Die Volksanwaltschaft stellte daher eine Ungleichbehandlung fest.

Das Ministerium sagte in einer Stellungnahme zu, den Bedarf für eine Gesetzesänderung bei künftigen Reformen berücksichtigen zu wollen. Volksanwalt Walter Rosenkranz war in der Sendung mit dieser Zusage noch nicht vollständig zufrieden. Für den jungen Mann stelle sie keine Lösung dar, zumal sich nach der Erstausstrahlung des Falls im September 2023 auch noch mehrere andere Personen mit der gleichen Beschwerde gemeldet hatten. „Solange die Chancengleichheit für Österreicherinnen und Österreicher nicht gewahrt ist, besteht das Problem weiterhin. Die Volksanwaltschaft wird den Fall und die Anregung zur Gesetzesänderung in ihren Bericht an den Nationalrat und Bundesrat aufnehmen, damit der Gesetzgeber die Möglichkeit erhält, direkt Abhilfe zu schaffen“, so Volksanwalt Walter Rosenkranz.

 

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Volksanwaltschaft für kostenlose Impfungen

Date of article: 19/01/2024

Daily News of: 19/01/2024

Country:  Austria

Author: Austrian Ombudsman Board

Article language: de

„Bei der Volksanwaltschaft melden sich immer wieder Menschen, die sich die Impfung gegen Herpes Zoster, auch Gürtelrose genannt, nicht leisten können. Dafür muss man in der Apotheke 500 Euro hinlegen, obwohl die Impfung für Menschen ab 50 im Impfplan des Gesundheitsministeriums empfohlen wird. Empfohlene Impfungen sollten kostenlos sein“, fordert Volksanwalt Bernhard Achitz anlässlich des „Impftags 2024“ am 20. Jänner. Für das Gesundheitssystem wären die Impfkosten wohl auch billiger als die dadurch vermeidbaren Behandlungskosten.

„Prävention hält gesund, erspart den Menschen viel Leid und dem Gesundheitssystem Geld für die Heilbehandlung. Dazu bekennen sich in der trockenen Theorie alle. In der Praxis hängt aber viel von Bildung und Einkommen ab“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz.

„Gesundheitsvorsorge muss man sich leisten können, auch hier gibt es immer noch Zwei-Klassen-Medizin. Erfreulich ist, dass das Gesundheitsministerium abgekündigt hat, dass das Impfangebot schrittweise erweitert werden soll, Details sind aber noch nicht bekannt. Der Handlungsbedarf ist jedenfalls hoch: So sind etwa auch die HPV-Durchimpfungsraten niedrig, aber die teure Impfung müssen Menschen ab 21 Jahren selbst bezahlen. Zuletzt wurde auch über Keuchhusten-Impflücken und verstärktes Krankheitsaufkommen berichtet. Achitz: „Impfungen müssen nicht nur kostenlos sein, auch der Zugang könnte erleichtert werden, etwa durch öffentliche Impfstraßen mit zentralem Terminmanagement.“

Gürtelrose-Impfung kostet 500 Euro

Herpes Zoster, auch als Gürtelrose bekannt, wird durch Viren ausgelöst, die häufig bereits in der Kindheit übertragen wurden. Sie tritt meist bei älteren Menschen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf. Auch Schwangere und immunsupprimierte Personen haben ein erhöhtes Risiko. Dagegen gibt es eine hochwirksame Impfung, die laut Impfplan Österreich für Über-50-Jährige empfohlen wird. Die Kosten für eine Vollimmunisierung (zwei Dosen) betragen allerdings rund 500 Euro. Achitz: „Ich gehe aber davon aus, dass bei zentraler Beschaffung durch die öffentliche Hand die Kosten deutlich geringer ausfallen würden und auch die Handelsspannen für Pharmagroßhandel und Apotheken wegfallen würden.“

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